Warum es eine Immobilienstrategie braucht
Die öffentliche Hand ist in der Schweiz eine der bedeutendsten Immobilieneigentümerinnen. Allein der Wiederherstellungswert der Hochbauten wird auf 350-400 Milliarden Franken geschätzt. Erstellt, verwaltet und unterhalten werden diese Immobilien(-portfolios) im Spannungsfeld wachsender Ansprüche der Nutzenden, fehlender Werkzeuge/Tools und dem immer enger werdenden finanziellen Korsett.
Dieser stetig steigende Kostendruck, der wachsende Transparenzanspruch durch die Digitalisierung und die steigenden Ansprüche hinsichtlich der Nachhaltigkeit seitens Bevölkerung und Politik sowie die daraus resultierenden Anforderungen an das Immobilienmanagement stellen Gemeinden, Städte wie auch Kantone vor neue Herausforderungen.
Effiziente und zukunftsorientierte Bewirtschaftung des Immobilienbestandes
Während in den vergangenen Jahren hauptsächlich Neubauprojekte im Zentrum der Aufmerksamkeit standen, rückt in Zeiten von Netto-Null, grauer Energie, Suffizienz und dem allgemein wachsenden Nachhaltigkeitsbedürfnisses – ökologisch, sozial und ökonomisch –, die Erhaltung und optimale Nutzung des Bestandes in den Fokus. Um dies sicherzustellen, benötigt es eine effiziente, zukunftsorientierte Bewirtschaftung des Immobilienbestandes. Voraussetzung hierfür sind eine langfristige übergeordnete Immobilienstrategien mit strategischen Grundsätzen, wie mit dem Portfolio umgegangen werden soll, sowie Kenntnis über den langfristigen Flächenbedarf. Daraus abgeleitet können dann auf Objektstufe spezifische Vorgaben mittels Objektstrategien festgelegt und eine Unterhaltsplanung als Basis für die Investitionsplanung erstellt werden. Dafür gibt es keine Universallösung, sondern ist ist vielmehr in einem partizipativen Prozess individuell zu erarbeiten.
Erarbeitung einer Immobilienstrategie
Grundsätze und Ziel
Klare Grundsätze unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen für das Immobilienportfolio bilden das Grundgerüst einer erfolgreichen Strategie. Das Definieren politischer und gesellschaftlicher Prioritäten hilft beim Setzen inhaltlicher Schwerpunkte und politischer sowie finanzieller Ziele.
Bedarfsermittlung
Die Analyse und Klärung des langfristigen Flächen-/Raumbedarfes offenbart nach dem Abgleich mit dem Angebot das zukünftige Entwicklungspotenzial und die notwendigen Investitionen. Die verfügbaren Mittel können unter Berücksichtigung der Grundsätze und Ziele dadurch bedarfsgerecht verteilt und vorausschauend eingesetzt werden. Falls im Rahmen der Strategieerarbeitung der Bedarf noch nicht ermittelt werden kann, so sind zumindest Vorgaben für eine nachvollziehbare Bedarfsermittlung zu erlassen.
Organisation und Ressourcen
Für ein funktionierendes Immobilienmanagement ist die Klärung und Festlegung von auf die Organisationsgrösse angepassten, zweckmässigen Prozessen und die eindeutige Rollenklärung bzw. Zuweisung der Verantwortlichkeiten unumgänglich. Wer erarbeitet die Entscheidungsgrundlagen? Wer trifft die Entscheidungen? Sind die dafür erforderlichen Ressourcen in der benötigten Qualität und im ausreichenden Umfang vorhanden?
Datenhaltung
Die Verfügbarkeit von verlässlichen Liegenschaftsinformationen wie z.B. Zustand, Stärken, Schwächen, Potenziale oder Denkmalschutzanforderungen ist von zentraler Bedeutung. Oftmals wird die fehlende oder mangelnde Dokumentation erst bei Austritt der zuständigen Person aus der Organisation festgestellt (z.B. bei Pensionierung oder Jobwechsel eines/einer langjährigen Mitarbeitenden). Fehlende und/oder unstrukturierte Daten sind oftmals mit erhöhtem Ressourcenaufwand, Mehrkosten für vermeidbare Schäden und Fehlinvestitionen verbunden. Die Digitalisierung bietet Lösungen, um diesen Herausforderungen sofort und erfolgreich zu begegnen.
Umsetzungsplanung
Mit einer realistischen Umsetzungsplanung, welche bereits im Rahmen der Strategieerarbeitung unter Berücksichtigung der Ressourcen wichtige Zwischenschritte, die Zusammenarbeit sowie minimale Ziele bezüglich Form und Inhalt der einzelnen Handlungsfeldern festhält, wird die Umsetzung sichergestellt und eine Umsetzungscontrolling ermöglicht. Die Handlungsfelder können auf der Struktur der «Road Map Immobilienmanagement» von Wüest Partner abgestellt werden. Sie strukturiert die wesentlichen Immobilienthemen im Kontext der öffentlichen Hand in eine überschaubare Zahl von Handlungsfeldern.
Erarbeitung einer Immobilienstrategie
Mit der Erarbeitung einer Immobilienstrategie werden im Idealfall zusammen mit den zuständigen Personen alle relevanten Themen im Umgang mit den Immobilien durchleuchtet und der Soll-Zustand gemeinsam festgehalten. Die Dauer für die Bearbeitung hängt zum einen von den verfügbaren Ressourcen wie auch von den politischen Prozessen ab. Erfahrungsgemäss ist zwischen dem Projektstart und dem Beschluss der Strategie in der Regel mit acht bis zwölf Monaten zu rechnen.
Erfolgreiche Immobilienstrategie
Entscheidend für deren Erfolg ist aber nicht eine umsetzbare Strategie auf Papier, sondern hauptsächlich deren Implementierung im täglichen Betrieb. So hat die Erfahrung mit verschiedenen Organisationen gezeigt, dass der Aufwand für die Erarbeitung einer spezifischen Immobilienstrategie kalkulierbar war, während sich die Umsetzung der Massnahmen zum Erzielen des gewünschten Ergebnisses teilweise als zeitintensiv herausstellte. Die grössten Herausforderungen bestehen oftmals darin, dass die Mitarbeitenden sich ggf. zuerst an neue Rollen und Aufgaben gewöhnen müssen und geeignete Fachpersonen gesucht werden müssen.
Schliesslich wird erst mit einer zielstrebigen Umsetzung der Grundstein für zukünftige Kosteneinsparungen und einen nachhaltigen Mitteleinsatz dank nachvollziehbarer, abgewogener Entscheidungen im Sinne der Bevölkerung und Politik gelegt.
Autor: Roger Blumenthal, Wüest Partner